| |
Deutschland wurde 1918 nach dem Abdanken des Kaisers und der Beendigung
des Ersten Weltkrieges eine Republik. Die Weimarer Republik, wie sie genannt wurde, war den
Bestimmungen unterworfen, die im Vertrag von Versailles niedergelegt waren und Deutschland
schwere finanzielle Belastungen aufbürden. Dieser Vertrag wurde nicht ausgehandelt, sondern
von den Siegern des Krieges diktiert, die auch den Streitkräften eine große Anzahl
von Beschränkungen auferlegten. Zum Beispiel wurde in vielen Fällen die Gesamtstärke
der Truppen festgelegt. Es war den Deutschland untersagt, Truppen westlich des Rheins zu
stationieren. Ebenso war es Deutschland nicht erlaubt schwere Artillerie, Panzer, Militärflugzeuge,
Flugzeugträger oder U-Boote zu bauen geschweige denn zu besitzen. Alle vorhandenen Waffen
dieser Art wurden nach dem Ersten Weltkrieg auf Befehl der Alliierten verschrottet. Diese Tatsache
erwies sich als ein vorteilhafter Beitrag zu Hitlers Streitkräften, denn so konnte er ohne
Vorbelastung mit dem Aufbau einer neuen und modernen Rüstung anfangen. So war Deutschland bei
Beginn des Zweiten Weltkrieges nicht in der gleichen mißlichen Lage wie z.B. die britische
Royal Navy, die einen "Haufen völlig veralteter Pötte" herumschwimmen hatte.
Von ihrer Gründung an hatte Hitlers Partei, die NSDAP, die Aufhebung des Versailler Vertrages
gefordert. Kurz nach seiner Ernennung zum Reichskanzler am 30.01.1933 rief Hitler die obersten
Führer der Reichswehr zusammen, um ihnen in einer Geheimsitzung seine Gedanken über
die künftige Wehrmacht und ihre Rolle darzulegen, die sie nach seinem Willen im neuen
Deutschland spielen sollte. Hitler teilte den militärischen Führern mit, dass
die Wehrmacht schon in naher Zukunft bei ihrem Aufbau die Fesseln des Vertrages von Versailles
unbeachtet lassen könne. Er forderte sie auf, ihre Planungen auf diesen Stärkezuwachs
einzustellen.
Im Sommer 1933 wurden die Gewerkschaften aufgelöst und durch eine
einheitliche Organisation, die "Deutsche Arbeitsfront" ersetzt. Jeder werktätige Mensch,
ob kleiner Arbeitnehmer oder mächtiger Arbeitgeber, war zwangsweise ihr Mitglied und hatte
wöchentlich wenigstens ein paar Mark Beitrag zu zahlen. Auf diese Weise trug er zu
beträchtlichen, regelmäßigen Einnahmen der NSDAP bei. Ein Teil dieses Geldes
wurde der Reichsmarine zugeführt und machte es ihr möglich, ihre Stärke um einige
tausend Mann zu erhöhen, ohne dass irgendwer außerhalb der Marineleitung dieses
Zuwachses gewahr wurde. Außerdem hatte sich die Marine im Laufe der Jahre einen geheimen
Fonds geschaffen, den sie aus überhöhten Mittelzuweisungen für normale Rechnungen
und Abschöpfungen der eingesparten Kassenausgaben gewonnen hatte.
Als Hitler nur
wenig mehr als zwei Jahre Reichskanzler war, wurde der Versailler Vertrag offiziell mit großer
Propaganda und Förmlichkeit aufgekündigt. Zum Erstaunen vieler Leute waren aber große
Teile der vorher verbotenen Streitkräfte bereits existent. Die Luftwaffe war als ziviler
Fliegerclub tätig gewesen. Offiziere waren in Gruppen ausgebildet worden, die sich als
Sportvereine ausgaben. Kasernen waren in den vorhergehenden Jahren als Fabriken getarnt gebaut
worden. Diese Aufkündigung löste auch einen neuen Zeitabschnitt des U-Boot-Baus in
Deutschland aus, aber das war keineswegs der Anfang der Geschichte, da die U-Boot-Entwicklung
insgeheim bereits seit 1922 im Gange war. Und dies schon etwa zehn Jahre bevor Hitler an die
Macht kam.
1922 hatte die Marineleitung die Gründung eines "Büros für
U-Boot-Entwicklung" in Holland durch Finanzierung eines großen Firmenanteils und durch
seine Förderung mit Mitteln der Marine unterstützt. Dieses Büro, das die besten
deutschen U-Boot-Konstrukteure beschäftigte, befand sich in Den Haag, wo es sich den Anschein
eines normalen holländischen Schiffbauunternehmens gab und als "Ingenieurskantoor voor Scheepsbouw"
firmierte. Es hatte den Auftrag, mit der U-Boot-Entwicklung Schritt zu halten und möglichst
sogar Boote für andere Länder zu bauen.
Fregattenkapitän Canaris, der
später zum Admiral befördert wurde, hatte persönliche Beziehungen zum König
von Spanien, Alfons, und erreichte, dass das Büro für U-Boot-Entwicklung Auftrag
zum Bau eines U-Bootes für die spanische Marine in Cadiz erhielt. Diese Pläne wurden
allerdings durch den spanischen Bürgerkrieg zunichte gemacht, obgleich das Büro
tatsächlich die Bauaufsicht über ein Hochsee-U-Boot in Cadiz ausübte, das später
an die Türkei verkauft wurde und unter dem Namen "Gür" bekannt wurde. Zusätzlich
hierzu hatte die finnische Firma Crichton-Vulcan, die unter deutschem Einfluß stand, unter
Benutzung deutscher Pläne und mit Hilfe es holländischen Entwicklungsbüros zwei
U-Boote in Turku konstruiert. Zwei weitere Boote wurden in Holland entwickelt. Die Männer
der neuen U-Boot-Flottille Deutschlands waren zu jung, als dass sie noch Teilnehmer des
Ersten Weltkrieges hätten sein können, und sie hatten noch keine Erfahrung aus dem
Kampf mit U-Booten. Aber auch diese Lücke wurde vom Entwicklungsbüro geschlossen. Dies
wurde erreicht, indem alle diese U-Boote von besonders ausgesuchtem Personal, von dem ein Teil
später bei Aufstellung der neuen U-Boot-Flottille verwendet wurde, überaus langdauernden
Erprobungen unterzogen wurden.
|
| U 1 vom Typ II |
Die Einzelteile, die zur Montage von etwa zehn U-Booten
benötigt wurden, waren in Spanien, Holland und Finnland gefertigt und bis zum Herbst 1934
in Kiel zwischengelagert worden. Etwa fünf Monate vor der "offiziellen" Aufkündigung
des Versailler Vertrages fragte Admiral Erich Raeder, Chef der deutschen Marineleitung , Hitler
im November nach der Möglichkeit, einige Bootskörper zusammenzubauen. Hitler untersagte
diese Aktion jedoch, weil er vermeiden wollte, das Ausland zu provozieren. Nach der Aufkündigung
des Versailler Vertrages wurden die Boote in einer ungewöhnlich schnellen Folge gebaut.
Ingesamt zwanzig Boote bestehend aus drei verschiedenen Typen waren bis Ende 1935 auf Kiel gelegt.
Die Baupläne für diese Boote waren ein unmittelbares Ergebnis der Arbeit des holländischen
U-Boot-Entwicklungsbüros.
Die ersten Boote vom Typ II waren beispielsweise identisch
mit dem finnischen U-Boot "Vesikko". Lediglich die Kommandotürme waren unterschiedlich.
Außerdem wurden die neuen deutschen U-Boote zur Gewichtsersparnis geschweißt statt
genietet. Die Boote vom Typ I basierten auf dem türkischen U-Boot "Gür", das
in Spanien gebaut worden war. Da dieser Typ jedoch eine schwache Konstruktion war, wurden lediglich
nur zwei Boote, U 25 und U 26 gebaut. Der dritte U-Boot-Typ wurde aus einem erfolgreichen
Ersten Weltkriegs-Typ entwickelt. Der Prototyp wurde in Finnland gebaut.
|
| Die U-Flottille "Weddigen" mit Booten vom Typ II und dem U-Tender "Saar" 1936 in Kiel |
Einige dieser neuen Boote wurden in einer Lehrgruppe zusammengefaßt und der U-Boot-Schule zugeteilt. Die
anderen bildeten Deutschlands erste neue U-Flottille, die Flottille "Weddigen". Benannt wurde diese
Flottille nach einem berühmten U-Boot-Kommandanten des Ersten Weltkrieges.
|
|
|